Würde euch gerne mal um eure Meinung fragen:

Meine Stute hat immer schon gerne geschaut, im Gelände stört mich das eigentlich auch nicht, da reite ich normalerweise am langen Zügel und so lange sie weiter geht, darf sie ruhig gucken.
Bei der Dressurarbeit dagegen stört es mich massiv und es kommt mir vor, als wäre die Guckigkeit in letzter Zeit immer schlimmer geworden. In der eigenen Halle zum Beispiel war sie immer halbwegs konzentriert, inzwischen gibt es dort zwei Ecken (einmal die, in der die Aufstiegshilfe steht von der ich IMMER aufsteige) und eine Tür, bei der sie gucken will. Teilweise macht sie dort neuerdings richtig Theater und will gar nicht in die Nähe gehen. Vor etwa zwei Wochen konnte ich 20 min lang nicht beim Fenster zum Stüberl vorbeigaloppieren weil sich drinnen einer ein weißes Hemd anzog... Da hat sie dann jedes Mal die Bremse gezogen.

Gestern hatte ich Unterricht und mein RL hat folgende Theorie: Mein Pferd kommt mit zunehmender Ausbildung drauf, dass die Dressurarbeit ganz schön anstrengend wird. Langsam gehts in Richtung versammelte Arbeit, Seitengänge,...
Durch das extreme Gucken drückt sie Delia vor der Arbeit weil ich leider auch immer falsch reagiere. Sie guckt (nach außen), ich geben innen nach weil ich das innere Bein mit der Gerte unterstütze. Außerdem ärgere ich mich und sitze deshalb gleich weniger ordentlich. --> Zumindest die beiden Ecken sind fürs Pferd weniger anstrengend. Gestern hab ich mich dann enorm darauf konzentriert, einfach NICHTS zu verändern. Beide Zügel gleichmäßig dran, Beine ordentlich am Pferd und wirklich konzentriert jeden Tritt reiten. Siehe da - Delia hat nicht geguckt!
Wenn mein RL drauf sitzt, guckt sie übrigens auch nicht.

Glaubt ihr das auch? Dass ein Pferd mit Vorsatz und Plan schaut?

Nein das glaube ich nicht, weil ein Pferd nicht in der Lage ist, deduktive Schlüsse zu ziehen. Wir meinen das manchmal, aber das ist allerhöchstens Erfahrung. Ein Tier "ärgert" nicht im menschlichen Sinne.

Meine ureigenste Theorie ist es, dass die Pferde mit fortschreitender Ausbildung nicht nur sensibler auf die Reiterhilfen werden, sondern auch auf alle anderen Einflüsse - und deshalb einfach schneller mal wegspringen.

Zudem hat ein weiter ausgebildetes Pferd weniger mit sich selbst zu tun, die müssen nimmer Füße sortieren und Gleichgewicht halten, die SIND im Gleichgewicht, da hat man den Kopf auch eher frei für solche Auswüchse.

Interessantes Thema! Meiner z.B. ist in der Halle früher grundsätzlich nicht guckig gewesen. Der hatte aber einzelne Tage, da ging der partout nicht ohne Zwischenfälle durch eine bestimmte Ecke, obwohl dort alles so war wie immer. Das muss ja einen Grund gehabt haben.

Deshalb glaube ich schon, dass das eine Art von Entziehung/Ablenkung sein kann.

Ich kann das Gegenteil berichten: Wenn der im Unterricht -gegen Ende- so richtig aufmerksam und "an" bzw. "elektrisch" war, war der 110% bei der Sache und hat überhaupt nicht mehr geglotzt. Wenn das vorkam, dann eher kurz nach der Lösungsphase.


LG
Dani2

ja, ich geh auch bei der These mit, dass wir im Laufe der ausbildung eben immer feiner abstimmen, immer schnellere und präzisere reaktionen (auf die reiterlichen Hilfen) verlangen und damit ungwollt auch alle anderen Reaktionen "schulen"
Ich glaube nicht, dass die Pferde es sich "einfacher" machen wollen, weil ich der Meinung bin, dass motivierte Pferde durchaus gerne arbeiten, körperliche Anstrengung ist für pferde eher positiv verknüpft, so grundsätzlich.

Ich glaube schlicht und einfach: mit der zunehmenden feinabstimmung und den höheren Lektionen steigt die "Sensibilität" eben in allen Bereichen!

Und wie ist dann Guckigkeit in oder kurz nach der Lösungsphase zu erklären? Schlicht und einfach Ungehorsam?

LG
Dani2

Unkonzentriertheit würd ich es eher nennen, wenn es in der Lösungsphase auftritt - vielleicht mit einer Tendenz zum Ungehorsam, ja

Seit langem mal wieder ein Beitrag von mir...

Ich denke, dass es dafür mehrere Erklärungen gibt, die ineinander greifen:

"Vorausschauendes Denken des Reiters"
man kennt vielleicht die Ecken mit den Huch-Mampfs oder sonstige Gründe und fängt immer früher an, sich drauf einzustellen. Damit meine ich, dass man das Daran-Vorbeireiten viel früher vorbereitet.
Reaktion des Pferdes: "uih, da kommt was".
Erstaunlicherweise erschrecken sich viele Pferde unter fremden Reitern, die gar nicht wissen, dass das eine oder andere erschreckend sein kann, nicht so schlimm bis gar nicht.
Der Weg aus so einem Kreislauf ist meines Erachtens nur über Gelassenheit des Reiters zu gehen. So schwer es manchmal auch fallen kann.

"Weiter ausgebildete Pferde erschrecken sich mehr"
Für mich ist es kein Grund der erhöhten Sensibilität, sondern schlichtweg der Grad der Konzentration, die das Pferd hat. Je höher die Konzentration, desto später wird etwas bemerkt, umso heftiger fällt die Reaktion (die dann natürlich gemütsabhängig ist) aus.